CENTRAL PARK


Central Park
ist eine Sammlung skurriler, grau­samer und merkwürdiger Geschichten. Ob mitten in New York oder in der glühendheißen Steppe Kenyas, ob in einer schein­baren Land­hausidylle in Südengland oder in einem Märchen aus 1001 Nacht - immer steht die Fehl­einschätzung der Natur, eine irre­führende Inter­pretation von Ge­geben­heiten im Vorder­grund. In der ersten Ge­schichte - Central Park - ist der bösartige, schwarze Leprechaun die Me­tapher auf die Natur. Er mani­festiert ihre Gleichgültigkeit, ihre Grau­samkeit, ihre Intentions­losigkeit. Und er zeigt, daß auch scheinbar glückliche Wenden in der Hoffnungs­losigkeit und im Tod enden können. Die Charaktere der Ge­schichten sind - obwohl stets ak­zentuiert - niemals klar einem Positiv-­Negativ-Bild zuzuordnen. Die Pointen sind nicht vorhersagbar, Gutes wird bestraft, Gutes wird belohnt, Böses obsiegt und Böses wird vernichtet. Die Natur in ihrer Gleichgültigkeit verteilt ihre Zensuren entlang eines roten Fadens, genannt Willkür.
GUSTAV KAFKA

Textprobe

Die einzige Reaktion, zu der Rosalyn all die Jahre über fähig war, war Heiterkeit gewesen. Eine gnadenlose, beängstigende Heiterkeit. Im Laufe der Jahre hatte er gelernt, mit dieser Heiterkeit zu leben, mit dieser alles verzehrenden Eintracht und er hatte gelernt, mit seinen Phantasien zu leben. Er hatte nach Rosalyn und ihrer Heiterkeit gegriffen wie nach einem Strohhalm, wie nach einem Atemrohr unter Wasser. Eine Not, eine alles verzehrende Not und dennoch das Lustvollste auf Erden. Luft! Wenigstens Luft bekommen, Luft durchziehen zu können durch das Rohr, tief in die Lungen. So sog er die Heiterkeit Rosalyn's in seinen Körper, so ertrug seine Not den Nothelfer, so konnte sein Körper überleben.
(Textstelle aus der Kurzgeschichte "Etwas")


ISBN 3-9501010-4-7 / gebunden no 102 / 12,5 cm x 20,5 cm / 176 Seiten / Gewicht: 310g / Umschlaggestaltung: Renate Merzinger-Pleban
vergriffen